Beate Hølmebakk
ist Professorin an der Architektur- und Designhochschule Oslo (Norwegen) und Gründerin des Architekturbüros Manthey Kula.
Ein Friedhof muss Handlungen erlauben, die das Gedenken unterstützen. (Zusammenfassung)
Die Autorin, Beate Hølmebakk, führt zusammen mit Per Tamsen das Architekturbüro Manthey Kula. Für den „Campus Vivorum“ neben dem Gelände der Kunstgießerei Strassacker hat das norwegische Büro drei kleine Bauten entworfen. Hølmebakk erläutert, wie es zu dieser Zusammenarbeit kam und welche Intention der „Campus Vivorum“ verfolgt. Manthey Kula gestaltete die Gedenkstätte für die Opfer des Terroranschlags am 22. Juli 2011 in Norwegen. Die dafür entworfenen Bronzestelen wurden bei der Kunstgießerei Strassacker gefertigt – das war der erste Kontakt. Außerdem hat das Büro das nationale Veteranendenkmal in der Festung Akershus in Oslo konzipiert. Neben diesen beider sehr speziellen Aufträgen hat Manthey Kula noch an anderen Projekten gearbeitet, bei denen ausgelotet wurde, inwieweit Räume das Potenzial haben, existenziell menschliche Zustände, wie etwa Angst oder Freiheit, auszudrücken. Auch wenn diese Projekte nicht direkt mit einem Friedhof zu vergleichen sind, so haben sie doch viele Gemeinsamkeiten. Auch ein Friedhof muss all die dort möglichen Handlungen erlauben, das Gedenken und Erinnern, das Trauern, das Ablegen von Gegenständen. Der Friedhof ist darüber hinaus der Ort des Umgangs mit den Toten und mit schmerzlichen Gefühlen wie Einsamkeit, Verlassenheit und Trauer. Diese Gefühle sind für viele Menschen an private, persönliche Orte gebunden. Ein Friedhof kann ein solcher Ort sein, vorausgesetzt dort ist Raum für ihre Gefühle und Bedürfnisse. Aber wie muss ein Raum gestaltet sein, damit das möglich ist? Dieser Frage geht der „Campus Vivorum“ nach. Er ähnelt einem Friedhof, ist aber kein Friedhof. Vielmehr ist er ein Experimentierfeld, auf dem erkundet werden kann, welche Atmosphäre ein Raum benötigt und wie er gestaltet sein muss, damit er Hinterbliebene in ihrem Trauerprozess unterstützt und ihren unterschiedlichen Bedürfnisse Rechnung trägt. Zu entdecken sind landschaftlich unterschiedlich gestaltete Räume, die zu Kontemplation, Reflexion, Gemeinsamkeit und Gespräch anregen. Die drei von Manthey Kula entworfenen Gebäude bilden in diesem Kontext einen überdachten Platz am Eingang, einen Raum der Sehnsucht und einen Raum der Zuversicht.