KATHRIN VOLK UND BART BRANDS: Ein Reallabor der aktiven Trauer

Picture of Prof. Kathrin Volk

Prof. Kathrin Volk

ist Professorin für Landschaftsarchitektur und Entwerfen an der Detmolder Schule
für Architektur und Innenarchitektur der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe (TH OWL).

Picture of Bart Brands

Bart Brands

Karres en Brands, Büro für Landschaftsarchitektur, Hilversum; Professor an der Stuart Weitzman
School of Design in Philadelphia, Pennsylvania.

Handlungsräume für Trauernde entwickeln. (Zusammenfassung)

Der „Campus Vivorum“ in Süßen ist ein 6.000 m² großes Freiraum-Projekt, das dem Friedhof von heute Leben einhauchen will, ihn zukunftsfähig machen will. Fachleute, Gestalter und Vordenker unterschiedlichster Disziplinen haben über mehrere Jahre daran mitgewirkt. Die beiden Landschaftsarchitekten Kathrin Volk und Bart Brands fassen in diesem Artikel zusammen, wie die Idee 2020 geboren wurde und was in diesem „Reallabor“ der aktiven Trauer erforscht wird. Am Anfang stand die Erkenntnis, dass die mehr oder weniger statische Friedhofskultur den Wünschen und Ansprüchen der sich stetig wandelnden Gesellschaft kaum mehr gerecht wird.

Friedhöfe müssen sich wandeln, aber wie? Das oft akute Problem der zu großen Freiflächen zwischen den Gräbern wird als Chance erkannt: der Friedhof als Erweiterung des öffentlichen Raums. Und: Diese Idee eines Friedhofs als multi-funktionaler Ort wird zunehmend Realität. Auf dem Ohlsdorfer Parkfriedhof zum Beispiel. Der „Campus Vivorum“ zeigt beispielhaft, wie eine solche Entwicklung aussehen kann. Aber damit ist noch nicht die Frage geklärt, ob ein so gestalteter Friedhof neue Formen des Trauerns und Erinnerns zulässt und was dafür notwendig wäre. Eine weitere Erkenntnis: Der Friedhof ist nicht der ideale Ort, um diese Frage zu beantworten. Zu sehr ist er ein Ort der Regeln und Verbote, ein Ort der Toten und nicht der lebenden Hinterbliebenen.

Es wird klar, dass es einen unbeschriebenen Ort braucht, an dem das bisher gesammelte Wissen eins zu eins umgesetzt werden kann, auf dem das Trauern als Aktivität experimentell erprobt werden kann. Ein Ort zum ergebnisoffenen Experimentieren genauso wie zum Beobachten und Analysieren – ein Reallabor. Und genau so ein Reallabor ist in Süßen entstanden. Hier werden Handlungsräume für Trauer angeboten und verräumlicht. Damit die dort in der Praxis gewonnenen Erfahrungen reflektiert und analysiert werden können, werden Seminare und Workshops angeboten. Das „Campus Vivorum“ bietet Forschenden und anderen Interessierten Raum für Austausch. Ihre Erkenntnisse lassen sich vor Ort, im Reallabor, wieder in die Praxis transferieren und im besten Fall danach auf einem Friedhof. Ein vielversprechender Schritt, um den Friedhof der Zukunft – nicht nur – zu denken.

Der ausführliche Text ist Teil des Fachbuchs: Der Friedhof – das kommunale Erfolgsprojekt der Zukunft (2023)

Teile jetzt das Abstract