Matthias Horx
Trend- und Zukunftsforscher, Zukunftsinstitut Frankfurt/Main, Wien
Trauer braucht einen sicheren Ort (Zusammenfassung)
Matthias Horxʼ Artikel bietet Antworten auf die Fragen: Was bedeutet Trauer für uns Menschen? Wie wirkt der Tod eines geliebten Menschen auf uns? Was unterstützt uns im Trauern, was benötigen wir dafür? Der Fokus liegt dabei auf den Trauernden. Ausgangspunkt ist die gegenwärtige Situation auf Deutschlands Friedhöfen, die ihre Funktion als soziale und mentale Begegnungsstätten weitgehend verloren haben. Auch die Digitalisierung hat laut Horx beim Thema Trauerbewältigung bisher versagt – obwohl es heute möglich ist, Verstorbene mittels künstlicher Intelligenz als Avatare weiter „leben“ zu lassen. Warum? Das Gegenüber ist nicht real. Das verunsichert und führt eher zu einer Re-Traumatisierung als zur Heilung. Um herauszufinden, wie Trauernde unterstützt werden können, muss zuerst klar sein, worin das Ziel des Trauerns liegt. Laut Horx geht es nicht darum, nach der Trauer wieder in das alte Leben zurückzukehren. Vielmehr verändere die Trauer den Menschen so sehr, dass er ein anderer wird. Trauern ist so gesehen etwas Schöpferisches. Und das menschliche Gehirn spielt dabei eine entscheidende Rolle. Es hat den geliebten, verstorbenen Menschen verinnerlicht, er ist „da“, obwohl er im Jetzt nicht mehr existiert. Diese beiden „Realitäten“ gilt es zu vereinen. Trauern erfordert viel Kraft und Konzentration. Hilfreich dafür ist ein sicherer Ort, an dem der Trauernde mit dem Verstorbenen in Kontakt treten kann, auch durch kleine Handlungen. Durch diese Interaktion entsteht eine neue innere Beziehung, die den Schmerz des Verlustes in ein schmerzfreies Erinnern wandeln kann. Eine „Neue Trauer-Bewegung“ hat sich auf den Weg gemacht, solche Orte zu schaffen: Friedhöfe mit innovativen Konzepten, Trauerstätten, die nachhaltig nutzbar sind, und Gesprächsrunden, nicht nur für Trauernde. In Deutschland bündelt die „Initiative Raum für Trauer“ diese Ideen und unterstützt Friedhöfe dabei, Räume und Angebote zu schaffen, die Menschen in Lebenskrisen unterstützen.